Auf diesem Kindergartenfoto von 1982 grinse ich fünfjährig in die Welt und in die Kamera des Fotografen.
Ich mag dieses Bild von mir sehr.
Obwohl meine Frisur nicht gerade perfekt und einwandfrei ist.
Grund dafür ist eine Szene ein paar Tage zuvor, an die ich mich noch gut erinnern kann:
Ich stehe in der Küche vor dem Holzofen, eine Schere in der Hand, und schneide mir ein schönes, großes Eck in meine Stirnfransen, von links quer hinauf bis zum Haaransatz am Kopf. Die abgeschnittenen Haare stecke ich sofort bei der Ofentür hinein (vielleicht fällt ja dann keinem auf, was ich getan habe😉).
Da ich ein paar Tage später vor die Linse des Kindergarten-Fotografen muss, ist diese kleine Eigensinnigkeit, dieser Akt des Ungehorsams, schön bildlich festgehalten.
Das blau-rot-weiß karierte Kleid hat Mama mir extra für den Fototermin gekauft, wenn ich mich recht erinnere. Und ich durfte es erst dort zum ersten Mal tragen.
Leider hab ich das Foto mit meiner schrägen Frisur ein wenig gecrasht. Vielleicht ist es gerade deswegen eines meiner Lieblingsbilder.
Klassenfotos
Wenn mich auf alten Klassenfotos Kinder anlachen, die ich heute als (etwas älter gewordene) Frauen und Männer kenne, so ist das immer wieder amüsant, spannend, berührend.
Stundenlang könnte ich mich durch diese Aufnahmen in den Topotheken klicken, was ich manchmal auch mache.
Gewisse familiäre Zugehörigkeiten sind eindeutig, manche Leute erkennt man „arthalber“ und auf den ersten Blick, bei anderen braucht man einen zweiten, um herauszufinden, wer da so unbekümmert in die Kamera schaut.
Auch die teilweise Ähnlichkeit mit den Nachkommen, den Kindern, Enkeln oder Urenkeln, überrascht und erheitert mich bei meinen bildlichen Reisen in die Vergangenheit.
Man sieht modische Trends auf diesen Fotos, viele Zahnlücken und meist lachende Gesichter.
Wenn man sich bewusst macht, dass in jedem von uns irgendwo noch das Kind steckt, das wir einmal waren, mit all der Unbekümmertheit, der Neugierde, der Natürlichkeit, so hat das auch etwas Tröstendes.
Als Kinder sind wir unbefangen, oft auch unbeschwert, verspielt und aufgeweckt. Kinder treten der Welt unvoreingenommen und offen entgegen.
Vielleicht mag ich alte Kinderfotos auch deswegen so gern.
Weil wir da noch nichts wissen von den Irrungen und Wirrungen, von den Prüfungen, die uns bevorstehen.
Als Kinder sind wir voller freudiger Erwartung, was uns das Leben bringen mag. Und das ist auch gut so.
Die Krisenzeiten kommen von allein.
Mit ihnen umzugehen, ist ein Lernprozess.
Die Frage, warum ich in meinen Vierzigern so krank geworden bin, warum etwas so aus dem Lot geraten ist bei mir, stelle ich mir immer seltener.
Die Selbstvorwürfe werden weniger, genauso wie die Schuldgefühle.
Sehr lange haben sie mich sehr gequält.
Ich bin nicht mehr so verbissen auf der Suche nach etwas, das ich falsch gemacht habe, nach einem Grund oder Auslöser für meine gesundheitlichen Probleme.
Mehr und mehr komme ich zu der Erkenntnis, dass ich all das nicht verhindern hätte können. Das ist unglaublich entlastend für mich.
Und manchmal hilft auch der einfache Blick auf ein Kindergartenfoto.
© Carmen Wurm
Klassenfotos gibt´s zum Beispiel unter:
https://nebelberg.topothek.at/
https://kollerschlag.topothek.at/
https://peilstein.topothek.at/
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Agnes u.Volker (Sonntag, 24 März 2024 17:33)
Was für ein liebes Bild von dir.